Das wirklich wahre Leben fand für Janis Joplin eigentlich immer nur auf der Bühne statt.

Die andere Welt, die, die nämlich der Realität entsprach wurde von ihr nur teilweise wahrgenommen, bedingt durch diverse Traumata, die sie schon in ihrer Kindheit erfuhr.

Da sie sich immer wieder von ihrer Mutter verstoßen und ungeliebt fühlte, beschloss sie schon als kleines Mädchen die Flucht in eine selbst entworfene Traumwelt anzutreten und jegliche Form von Kunst, wie zum Beispiel die Malerei und später dann die Musik als Zufluchtsorte zu benutzen.

Mit sechzehn Jahren schüttete sie sich bereits enorme Mengen Whiskey auf ihre einsame Seele und auch die späteren Heroin-Exzesse dienten im Grunde nur der Aufrechterhaltung dieses traumartigen Zustands.

 

Doch irgendwann einmal erwacht man aus jedem Traum und stellt fest, vielleicht sollte man sich doch mit Dingen auseinandersetzen, die man sich niemals getraut hat anzugehen.

 

Janis erwacht auf ihrem Bett, singt ihren erst vor kurzem geborenen Gassenhauer

„Mercedes Benz“, spürt die Nachwirkungen eines Rausches und stellt überrascht fest:

„Warum bin ich zuhause?!“

 

So beginnt die szenische Biographie des Rocktheaters „Janis – Piece of my heart“.

Eine Reise durch das kurze Leben der Joplin, einer unglaublich wahrhaftigen Sängerin, die wie keine andere viele Künstler nach ihr so nachhaltig prägte und die als erste weiße Sängerin die Brücke zum Blues schlug, wie es sonst nur schwarze Sänger/Innen in jener Zeit auf den Bühnen zelebrierten.

 

Janis befindet sich plötzlich in ihrem Haus in der Nähe von San Fransisco, obwohl sie doch die Nacht zuvor noch in einem Hotel in Los Angeles wohnte, alleingelassen von ihrer besten Freundin Peggy und ihrem Road-Manager John Cooke (beide dachten voneinander jeweils der andere wäre bei Janis). Es war der Abend des 04. Oktober 1970.

Ein kleiner Beutel Heroin im reinsten, unverschnittenen Zustand befand sich frisch in ihrem Besitz und die Einsamkeit trieb ihr den Stoff in die Venen, der Rest ist Geschichte.

 

Und so muss sie sich die nächsten zweieinhalb Stunden in ihrem Wohnzimmer zuhause damit auseinander setzen, dass sie bereits tot ist – gestorben - aber irgendetwas hält sie noch im Leben, angekettet in den nicht verarbeiteten Emotionen und Erfahrungen ihres erschreckend kurzen Lebens.

Im dauerhaften Monolog mit sich selbst verdrängt sie den Zustand ihrer Situation und sobald sich ein Problem auftut, versucht sie aus ihrem Wohnzimmer zu fliehen.

Die Tür im Bühnenbild symbolisiert ihren eigenen für sie fest verschlossenen Zugang zu sich selbst, durch den sie eigentlich nur dann gelangen konnte, wenn sie ihren Gesang lebte, denn das war für sie der einzige Zugang zu ihren tiefsten und aufrichtigsten Gefühlen.

Sie hadert mit dem Leben und brüllt sich während sie im Kontext zu ihrer emotionalen Situation ihre Songs singt, die Seele aus dem Leib. Sie kommt ins tratschen, erinnert sich ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrer Karriere und beginnt nun endlich den Schmerz ihrer Seelenentwicklung als die ultimative Bedingung ihres Todes wahrzunehmen.

Janis erlebt sich alt und dennoch neu und sie weiß, dass es keinen anderen Weg gibt, als diese Tür durchschreiten zu müssen, um endlich in einen anderen und angenehmeren Bewusstseinszustand zu gelangen.

 

Zum Sterben muss man bereit sein, und Janis Joplin war eindeutig zu jung, um sich diesem Gang bereitwillig hin zu geben.

 

Die Show versucht auf die seelischen Gegebenheiten ihrer unglaublich leidenden Persönlichkeit einzugehen, und ich als Darstellerin versuche ebenso in jeder Vorstellung erneut mich in diese kraftvolle Präsenz jenes Menschenkindes hinein zu versetzen.

 

Jedoch spielt auch meine eigene Geschichte eine nicht unbedeutende Rolle und allein die Tatsache, dass ich zwar erst viel später geboren wurde, aber dennoch in der Zeit der Blumenkinder aufgewachsen bin, genau das spiegelt ein Stück weit für mich diese kleine Gemeinsamkeit eines Lebensgefühls wider, das ich mit Janis Joplin teile.

 

Das Singen.

 

Was gibt es schöneres als zu singen?

Ich glaube, darauf hätte auch Janis keine Antwort gehabt!

 

Ich sehe es als Auftrag, diese große Bluessängerin immer wieder ins Bewusstsein der Menschen zurück zu holen, das ist zwar wahnsinnig anstrengend, aber die Sache so was von wert.

 

Thanks, Janis, for all that you gave to us.

Link: Wie alles begann...

Das Theaterstück "Piece Of My Heart"